Eritrea war 30 Jahre lang ein Kriegsgebiet von 1962 bis zur Unabhängigkeit 1993 und ist heute noch eines der ärmsten Länder auf der Welt (BIP/capita 1250 US$).
Von den 5 Mio Einwohnern Eritreas leben 53% unter der Armutsgrenze, 73% gelten als unterernährt und nur 58% der Bevölkerung hat Zugang zu Wasser. Entsprechend schlecht sind Lebenserwartung bei Geburt (53 Jahre), Kindersterblichkeit bis 5 Jahre (78/1000 Lebendgeburten) und die Müttersterblichkeit (1000/100'000 Geburten). Diese Zahlen sind nicht nur Ausdruck einer hohen Fertilitätsrate – im Durchschnitt hat jede eritreische Frau 5.4 Kinder und die Geburtenrate ist mit 38.7/1000 Einw. hoch – sondern auch einer sehr schlechten medizinischen Versorgungslage. So betragen die Gesundheitsausgaben lediglich 36 US$/Kopf, es gibt nur 1 Arzt/100'000 Einw. und 3 Hebammen/100'000 Einw. Entsprechend sind nur 28% der Geburten von medizinischem Personal begleitet. Es existieren lediglich >0.05 Spitalbetten/1000 Einw. in Eritrea (s. auch demographischer und gesundheitspolitischer Ländervergleich).
Überlandbus hält.
Erst seit 2006 gibt es eine medizinische Universität in Eritrea, vorher mussten angehende Ärzte nach Adis Abeba in Äthiopien studieren gehen. Die meisten von ihnen kehrten anschliessend nicht mehr in ihr Herkunftsland zurück. Letztes Jahr haben die ersten Ärzte in Eritrea promoviert. Mit neuen Weiterbildungsprogrammen in Pädiatrie, Chirurgie und Gynäkologie/Geburtshilfe sollen diese im Land gehalten werden können, um den dringend notwendigen Aufbau des Gesundheitswesens in Eritrea voranzutreiben.
Strassenszene Asmara
Warten auf den Wasserzisternenwagen
Auch in Eritrea gibt es sehr viele Kinder mit angeborenen und erworbenen Herzfehlern und die meisten versterben unbehandelt an deren Folgen.
Seit 1996 ist die deutsche Stifung Hammerforum e.V. mit dessen Gründungsmitglied Prof. em. Andreas Urban, ehemaliger Chefarzt der Kinderherzchirurgie St.Augustin in Eritrea present. Seither ist es gelungen, auf dem Gelände des Orotta Krankenhauses eine Kindermedizinische Infrastruktur aufzubauen, sowie den Bau, Einrichtung und Betrieb des “International Operation Centre for Children in Asmara” (IOCCA) zu realisieren, in dem seither mehrmals jährlich verschiedene internationale Teams aus Deutschland, Italien und der Schweiz chirurgische Behandlungen für eritreische Kinder auf multidisziplinärer Basis inklusive Herzchirurgie vornehmen. Zusätzlich wird die Medizinischen Fakultät der Universität von Asmara unterstützt. Diese Ziele werden in enger Zusammenarbeit mit der eritreischen Regierung, dem Hammerforum e.V. (D), dem Schweizerischen Unterstützungskommitee für Eritrea (SUKE) und unserer Stiftung verfolgt. In naher Zukunft soll Organisation und Betrieb eines Lehrkrankenhauses für Aus- und Weiterbildung in medizinischen Berufen in Eritrea in Angriff genommen werden. 2010 wurde die deutsche Stiftung ArcheMed e.V.(mehr) gegründet und hat das Hammerforum e.V. in der internationalen Koordination der eritreischen Hilfsprojekte abgelöst. Seither ist auch Eritrea ein offizielles Projekt der EurAsiaHeart Foundation.
IOCCA auf dem Orottaspitalgelände
Kinderintensivstation IOCCA
Im Gegensatz zu anderen Missionen der EurAsiaHeart Foundation muss ein komplettes und autonom funktionierendes herzchirurgisches Team nach Eritrea reisen. Dieses umfasst Intensivmediziner, Anästhesisten, Kardiologen, Intensivpflegepersonal, und Operationspersonal, insgesamt ca 20 Personen. Eine Mission benötigt ca 38000 CHF, um Flug- und Hotelkosten für das Team zu decken. Diese Kosten werden komplett über Spenden von Privatpersonen und Firmen gedeckt. Alle Teammitglieder arbeiten unentgeltlich und wenden Überzeit oder Ferien zur Teilnahme auf. Zusätzlich muss das benötigte Verbrauchsmaterial (Medikamente, medizinisches Material, Implantate) bereitgestellt und vorgängig im Container nach Eritrea verschifft werden.
Die medizinische Versorgung der Kinder findet in einem separaten einstöckigen Gebäude, dem IOCCA, welches in den 30er Jahren von den Italienern gebaut worden war, auf dem Spitalgelände des Orotta-Spitals in Asmara statt. Dieses Gebäude wurde in den letzten 15 Jahren mit 2 Operationssälen, Sterilisation, Intensiv- und Überwachungsstation ausgerüstet. Vor 2 Jahren kam zudem ein Herzkatheterlabor dazu. Das Wasser für das Gebäude wird aus Reservoirbehältern über Feuerwehrschläuche ins Gebäude geleitet. Die Reservoirs werden von Zysternenwagen der städtischen Wasserversorgung periodisch wiederaufgefüllt. Ab und zu herrscht Wasserknappheit, dann wird das Wasser rationiert. Die Sauerstoffverteilung ist ebenfalls rudimentär und läuft über Sauerstoffflaschen, die manuell ans hausinterne Verteilnetz angeschlossen werden. Wie im ganzen Land gibt es sehr oft Stromausfälle. Aus diesem Grund sind die wichtigsten medizinischen Installationen durch ein Notstromaggregat abgesichert. Das Gebäude ist nicht klimatisiert, durch die Bauweise mit hohen Deckengewölben herrschen jedoch durchwegs angenehme Temperaturen. Im Mai herrschen zudem aufgrund der Höhenlage – Asmara liegt auf 2400 m.ü.M. – sehr angenehme Temperaturen zwischen 22°C und 28°C.
Aufgrund der begrenzten Resourcen einer Mission werden die zu operienden Kinder sorgfältig ausgewählt. Dabei werden v.a. Kinder, die unter den bestehenden Bedingungen eine gute Chance haben, ohne wesentliche Komplikationen und mit einer Operationen geheilt werden zu können bevorzugt. Kinder mit allzu fortgeschrittenen Erkrankungen, komplexen Herzfehlern, die mehrere Eingriffe benötigten, oder zusätzlichen Missbildungen können in der Regel nicht berücksichtigt werden.
Alle Kinder werden auf der Kinderkardiologischen Poliklinik des Orotta-Spitals von der einheimischen Kardiologin Frau Dr. Tsegereda präoperativ betreut und postoperativ langfristig nachbetreut. Diese Basisversorgung vor Ort durch Einheimische ist sehr wichtig, um die langfristige medizinische Versorgung dieser Kinder sicherzustellen.
Herzoperiertes Kind, IOCCA, 2011
Jugendliche nach Herzoperation auf Intensivstation, IOCCA, 2009
Kinderkardiologische Poliklinik, Orottaspital, Asmara, Eritrea
Kleinkind vor Herzoperation, IOCCA, 2010
Eltern mit ihrem Kind nach Herzoperation, IOCCA, 2009
Schweizer Kinderherzchirurgieteam, Asmara, 2010